Page 26 - Clubnachrichten SAC Burgdorf 2022-4
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Berichte                                                       Sommer


      Hochtour Grassen Südwand
      Leiter:   Peter	Stähli	(Bericht)
      Teilnehmer:  Katja,	Markus,	Res,	Simon,	Paul
      Samstag 3. September                  uns	 den	 Entscheid	 „Südwand	 oder	 Normal-
      Wieder	 einmal	 nehme	 ich	 nach	 dem	 Auf-  route“	 nicht	 leicht.	 Nach	 Konsultation	 diverser
      stehen	 als	 erstes	 das	 satte	 Rauschen	 eines	  Wetterdienste	 und	 Beratung	 mit	 Hüttenwart
      Landregens	 wahr	 und	 einmal	 mehr	 frage	 ich	  Kari,	 der	 die	 lokalen	 Verhältnisse	 hervorragend
      mich:	 Was	 habe	 ich	 mir	 da	 eigentlich	 vor-  kennt,	 entscheiden	 wir	 uns	 für	 die	 Südwand.
      genommen?	 Aber	 äs	 tuet	 uuf,	 wi	 geng	 …  Wir	 planen	 einen	 möglichst	 späten	 Start,	 denn
      Gegen	 0930	 treffen	 wir	 im	 Steingletscher	 ein	  in	der	Nacht	wird	es	noch	etwas	regnen	und	die
      und	genehmigen	uns	eine	Tasse	Kaffee.	Die	Pro-  Sonne	soll	die	Wand	trocknen,	bevor	wir	einstei-
      gnosen	 zeigen	 eher	 für	 den	 Nachmittag	 Regen,	  gen.	 Preis	 dieser	 Taktik	 ist,	 dass	 mit	 Stau	 und
      so	dass	wir	uns	entscheiden,	hier	noch	eine	kur-  Wartezeiten	 gerechnet	 werden	 muss,	 doch	 dies
      ze	 Mehrseillängenroute	 zu	 klettern.	 Mit	 Berg-  und	 eine	 späte	 Heimkehr	 nehmen	 wir	 in	 Kauf.
      schuhen	 geht	 es	 im	 Klettergarten	 Steinglet-  Nach	  einem	  ausgezeichneten	  Nachtessen
      scher	 die	 etwas	 abgeschliffenen,	 gerundeten	  sinken	 wir	 ins	 Bett,	 zufrieden	 mit	 dem	 er-
      3er-	bis	4er-Routen	hoch,	so	dass	jede	Seilschaft	  sten	 Tag	 und	 zuversichtlich	 für	 die	 Südwand.
      vier	 kurze	 Seillängen	 klettern	 kann.	 Auch	 ein
      Abseilen	 am	 50-m-Doppelseil	 liegt	 noch	 drin.  Sonntag 4. September
      Das	 Wetter	 erlaubt	 uns	 auch	 noch	 draussen	 zu	  Um	0600	erhalten	wir	unser	Frühstück.	Beim	Klet-
      picknicken.	 Anschliessend	 fahren	 wir	 über	 den	  tergarten	Stöss	sehen	wir	schon	die	ersten	Grup-
      Susten	und	lassen	die	Autos	beim	Parkplatz	Sust-  pen	umherirren.	Hektisch	tasten	die	Lichtkegel	der
      li.	 Gemächlich	 steigen	 wir	 über	 den	 Leiternweg	  Stirnlampen	das	Gelände	ab,	auf	der	Suche	nach
      zur	Sustlihütte	hoch.	Erstaunlicherweise	hält	das	  dem	richtigen	Weg.	Nun	ja,	wer	der	erste	sein	will	um
      Wetter	 immer	 noch,	 so	 dass	 wir	 einen	 Versuch	  nassen	Fels	zu	klettern,	ist	dort	am	richtigen	Ort…
      im	Klettergarten	Stöss	wagen.	Den	Zustiegsweg	  Wir	 starten	 um	 0700,	 nach	 Tagesanbruch	 und
      werden	wir	morgen	für	die	Südwand	auch	gehen.  bei	 trockenen	Verhältnissen.	 Ungefähr	 auf	 2400
      Trocken	kommen	wir	beim	Stöss	an,	trocken	sei-  m.ü.M.	seilen	wir	an	und	montieren	die	Steigei-
      len	wir	an,	doch	dann	öffnet	Petrus	alle	Schleu-  sen.	Der	Gletscher	ist	völlig	blank,	das	Eis	aber	so
      sen.	 Blitzartig	 ist	 der	 Fels	 bachnass.	 Schon	 die	  griffig,	dass	wir	am	kurzen	Seil	in	Richtung	Gras-
      ersten	 Schritte	 in	 den	 kleinen	 Zweiseillängen-  senjoch	 aufsteigen.	 Eine	 erste	 Herausforderung
      routen,	 die	 wir	 klettern	 wollen,	 werden	 zur	  hält	der	Bergschrund	bereit:	Dieser	ist	nur	noch
      Rutschpartie.	 Und	 weiter	 oben	 sind	 Flechten,	  über	eine	schmale	Eislamelle	zu	überwinden.	Um
      so	 dass	 dort	 nichts	 Besseres	 zu	 erwarten	 ist.  Pendelstürze	 bei	 Stolperern	 abzufangen	 setze
      Also	 Abbruch	 der	 Übung	 und	 Rückmarsch	 bzw.	  ich	hier	zwei	Eisschrauben,	an	einer	dritten	ober-
      Zurückschwimmen	 zur	 Hütte.	 Die	 Regenklei-  halb	des	Schrundes	werden	dann	die	Nachsteiger
      dung	 kommt	 zum	 Einsatz.	 Aus	 Weglein	 wer-  gesichert.	 Kurz	 darauf	 sind	 wir	 im	 Grassenjoch.
      den	 Bächlein.	 Selten	 so	 nass	 geworden…	 Gut	  Hier	 verhält	 es	 sich	 wie	 erwartet:	 „Stau	 am
      hat	 Kari,	 der	 Hüttenwart,	 einen	 grossen	 Trock-  Grassen,	 es	 muss	 mit	 längeren	 Wartezeiten
      nungsraum,	 den	 er	 auch	 sogleich	 einheizt.	 Im-  gerechnet	 werden“.	 Offenbar	 hat	 eine	 der	 in
      merhin:	 Wir	 haben	 es	 versucht	 und	 die	 Mehr-  der	 Wand	 hängenden	 Gruppen	 die	 Steigeisen
      seillängen	 vom	 Vormittag,	 die	 grossen	 Spass	  montiert	 um	 bei	 Nässe	 bessern	 Halt	 zu	 haben.
      gemacht	haben,	kann	uns	niemand	mehr	nehmen.  Dass	 das	 die	 Kletterei	 nicht	 beschleunigt	 ist
      Ein	wenig	kitzelt	es	aber	schon,	dass	kurz	nach	der	  klar.	Wir	 machen	 sicher	 über	 eine	 halbe	 Stunde
      Rückkehr	zur	Hütte	wieder	die	Sonne	lacht.	Oder	  Zwangspause,	bevor	wir	in	die	Wand	einsteigen.
      grinst	 sie	 bloss?	 Egal:	 Für	 heute	 haben	 wir	 ge-  Die	 erste	 Seillänge	 erweist	 sich	 als	 anspruchs-
      nug	vom	Wetterlotto	und	widmen	uns	den	Erfri-  voll:	 Die	 Sonne,	 die	 sich	 auch	 jetzt	 weniger	 als
      schungsgetränken,	die	die	Hütte	zu	bieten	hat	und	  erhofft	blicken	lässt,	vermochte	den	Felsen	nicht
      die	 auch	 Spuren	 von	 Weizen	 enthalten	 können.  zu	 trocknen.	 Aus	 dem	 „Grassen“	 wird	 ein	 „Nas-
      Angesichts	 der	 Wetterprognosen	 machen	 wir	  sen“.	Entsprechend	heikel	ist	die	Kletterei	auf	dem
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